Portrait Stefan Mildenberger

Fünf Fragen an den Hamburger Künstler Stefan Mildenberger

1)

Innerhalb Deines umfangreichen, künstlerischen Schaffens arbeitest Du unter anderem mit Video, Audio, Scans, Collagen, Installationen und Textarbeiten. Du gibst Workshops, machst Performances und hast bereits erste Lehrerfahrungen mit Studierenden gesammelt. Was ist dein hauptsächlicher Fokus in Deinem Werk?

 

In meiner künstlerischen Arbeit liegt mein Fokus darauf, ursprüngliche Inhalte von Massenmedien durch Transformation von ihren politischen und sozialen Wirkungen zu befreien. Durch das Verwenden von konzeptionellen Prozessen, Kompositionen und mit der Hilfe des Zufalls transformiere ich die eigentlichen Bild-Konventionen und schaffe daraus Abstraktionen. Queer-feministische Theorien und partizipative Kunstbegriffe sind eine treibende Kraft innerhalb meiner Arbeit.

 

2)

Du hast für deine fotokonzeptionelle Arbeit JALOUSIE jeweils eine weiblich und eine männlich gelesene Person aus den Sparten Pop, Musik, Kunst, Politik, Sport oder Kirche mit ähnlichen historischen und gesellschaftlichen Hintergründen ausgewählt. Nach einer aufwendigen Internet-Recherche hast Du Fotografien der zwei Personen, in übereinstimmenden Posen gefundenen und deren Bilder in eine Vielzahl schmaler Querstreifen zerlegt, um beide übereinander zu collagieren. Es sind pro recherchiertem Figuren-Paar zwei Collagen entstanden, in denen beide Figuren zu 50% enthalten sind. Auf den ersten Blick erscheinen die zwei Collagen gleich, sie sind aber zu 100% verschieden. Was war der zündende Gedanke Deine fortlaufende Collagenserie JALOUSIE, in der bis dato mehr als 130 Collagen-Paare entstanden sind, zu beginnen?

 

Der zündende Gedanke für die Collagen-Serie JALOUSIE war, mich künstlerisch mit dem Dualismus „Mann-Frau“ auseinanderzusetzen. Die Abstraktion der Ikonografisierung von Personen durch die Massenmedien war ebenfalls eine meiner Interessen. Letztere wurde inspiriert durch den Vortrag von Bazon Brock „Nur das erkannte Falsche ist noch wahr“ im Panoptikum Hamburg im Jahr 2009, welcher durch die noroomgallery initiiert wurde. Daraufhin habe ich auch mit den Vorläufern der Collagen-Serie JALOUSIE mit Fotografien aus Zeitschriften begonnen. Im Jahr 2010 bin ich auf die Internet-Recherche umgestiegen. Die bereits entstandenen Collagen kann man sich auf meiner Internetseite anschauen. http://www.stefanmildenberger.de/jalousie

 

3)

Du beschäftigst Dich in Deinen Arbeiten mit der Transformation von medialen Inhalten, die sich teilweise sehr sensibel mit persönlicher Identifizierung auseinanderzusetzen scheinen. Ist diese Leseweise angemessen?

 

Die persönliche Identifizierung aber auch das Hineinversetzen in andere Identitäten innerhalb des gesellschaftlichen Gefüges, ist ein ausschlaggebendes und antreibendes Moment in meinem Schaffen. Sie dient mir als Inspiration für meine künstlerischen Konzeptionen und Bildrecherchen. Aus Ikonografisierungen, Rankings und massenmedialen Phänomenen ergibt sich der Hauptanteil des Ausgangsmaterials, das ich in meiner künstlerischen Arbeit nutze. Es geht aus einer intensiven Recherche hervor.

 

4)

Wir stellen auf unserer Internet-Seite Deine JALOUSIE-Collagen auf Textilien vor. Die Grenzüberschreitung von Kunst und Mode wird mittlerweile in der Kunst-Szene mehr akzeptiert und gefördert. Wie betrachtest Du Deine eigene Arbeit? Ist eine klare Einordnung wichtig oder ist alles Kunst und eine genaue Zuordnung irrelevant?

 

Als Einordnung würde ich mich für eine Hybrid-Variante aus Kunst und Mode entscheiden. Sich die JALOUSIE-Collagen in einem White Cube anzuschauen oder sich diese als einen All-Over-T-Shirt-Print anzusehen, sind sehr verschiedene Arten meine Collagen wahrzunehmen. Wird das T-Shirt von einer Person getragen eröffnet sich noch eine weitere Ebene des Betrachtens. Ich kann in allen Betrachtungsweisen eigene Qualitäten erkennen, die in keiner Weise miteinander konkurrieren.

 

5.)

Was sind Deine nächsten Projekte und Ausstellungen. Wo kann man Arbeiten von Dir sehen?

 

Das aktuelle Ausstellungsprojekt an dem ich zusammen mit Maik Gräf arbeite heißt „TraditiNOen“ und wird dieses Jahr in dem Ausstellungsraum hinterconti e.V. auf St.Pauli zu sehen sein. Seit 2008 bin ich ein aktives Mitglied in dem Kunst- und Kulturverein. Die Ausstellungsreihe zeigt künstlerische Arbeiten, die sich ins Verhältnis zum Thema „Traditionen“ setzen und reflexiv auf dieses Bezug nehmen. Weitere Informationen hierzu unter: https://www.hinterconti.de/open-call/.

 

Des weiteren arbeite ich an verschiedenen NFT-Kollaborationen, welche dieses Jahr veröffentlicht werden und an Beiträgen für den

Online-Stream „hinterconti Radio“, siehe:

http://www.stefanmildenberger.de/nft    

https://www.hinterconti.de/radio/